GRAVITY

Die Wechselwirkung zwischen Schwerewellen und Solaren Gezeiten in der mittleren Atmosphäre

Prof. Ulrich Achatz und Dr. Bruno Ribstein
Goethe-Universität Frankfurt
Institut für Atmosphäre und Umwelt
Frankfurt am Main

Schwerewellen (SW) und solare Gezeiten (SG) sind Hauptakteure in der dynamischen Kopplung zwischen den verschiedenen Schichten der Atmosphäre. Sie werden zu einem großen Teil in der unteren Atmosphäre angeregt. SG sind großskalige Wellen, die alle dynamischen Felder in der Mesosphäre modulieren, so dass deren Dynamik ohne sie nicht beschreibbar ist. SW kontrollieren mittels Impulsdeposition maßgeblich die mittlere Zirkulation in der Mesosphäre. SG und SW wechselwirken intensiv miteinander: SG modulieren die Ausbreitung der SW, während die Impulsdeposition der brechenden SW die Amplituden- und Phasenstruktur der  SG in der Mesosphäre beeinflusst. Dieser Wechselwirkungsprozess ist bisher in Modellen nur unzureichend  beschrieben. Konventionelle SW-Parametrisierungen (SWP) sind unerlässlich, um den Effekt der mesoskaligen SW wiederzugeben, vernachlässigen aber die Auswirkungen der zeitlichen Entwicklung der Gezeitenfelder ebenso wie die der horizontalen Gradienten der großskaligen Windfelder der Atmosphäre. Wie mit einem neu entwickelten  Algorithmus zur Beschreibung der SW-Dynamik auf Basis der WKB-Theorie gezeigt (Senf und Achatz 2011), führt dies zu signifikanten Fehlern in der Abschätzung des SW-Einflusses auf die SG (Abb. 1). Im Projekt soll durch Kopplung des WKB-Algorithmus mit einem linearen Gezeitenmodell (Achatz et al. 2008) untersucht werden, wie sich SG und SW zusammen unter korrekter Berücksichtigung der genannten Prozesse entwickeln. Zusätzlich soll der Einfluss des Tagesgangs der konvektiven Anregung von SW auf SG untersucht werden. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der horizontalen SW-Ausbreitung ist denkbar, dass damit Unterschiede zwischen Modellierung und Messung extratropischer SG erklärt werden könnten. Da heutige SWP stark an Daten zum vergangenen und heutigen Klima angepasst sind, könnte das Projekt wichtige Beiträge zu besseren Randbedingungen für diese Anpassung liefern, und damit auch die Belastbarkeit der SWP unter geänderten Klimabedingungen erhöhen.

Abbildung 1: Aus Simulationen von Senf und Achatz (2011), mittels eines WKB-Modells in einem  Hintergrund aus zonal-symmetrischer Atmosphäre, planetaren Wellen und solaren Gezeiten gemäß HAMMONIA unter Januarbedingungen (Schmidt et al. 2006), die Amplitude des 24h-Anteils im Tagesgang der zonalen Windbeschleunigung (m/s/d), im vollen WKB-Modell (links), einer Simulation unter Vernachlässigung des Einflusses der horizontalen Variationen des Hintergrunds (Mitte), und einer konventionellen Simulation unter zusätzlicher Vernachlässigung des Effekts der zeitlichen Variationen der Gezeitenfelder.

Literatur

Achatz, U., N. Grieger, und H. Schmidt, 2008: Mechanisms controlling the diurnal solar tide: Analysis using a GCM and a linear model. J. Geophys. Res., 113:A08303

Senf, F., und U. Achatz, 2011: On the impact of middle-atmosphere thermal tides on the propagation and dissipation of gravity waves. J. Geophys. Res. 116, D24110

Schmidt, H., G. P. Brasseur, M. Charron, E. Manzini, M. A. Giorgetta, T. Diehl, V. I. Fomichev, D. Kinnison, D. Marsh, und S. Walters, 2006: The HAMMONIA chemistry climate model: Sensitivity of the mesopause region to the 11-year solar cycle and CO2 doubling. J. Climate, 19, 3903––3931